Europaparlament für die Al-Kurds und Protest in Hebron.

November 22, 2008 at 4:52 pm (jerusalem) (, , , , , )

Am Freitag wurde vom Europaparlament eine Resolution verabschiedet, die der Al-Kurd Familie den Rücken stärkt.

Das Theater geht weiter...

Das Theater geht weiter...

Im Folgenden ein kurzer Auszug, den vollen Text gibt es hier:

The European Parliament

„1.  Condemns the eviction of the al-Kurd family and the recent destruction of houses of Palestinian families by the Israeli authorities in several areas of East Jerusalem, and expresses its deepest concern regarding the possible serious consequences of these measures and the impact that they could have on the negotiations between the parties within the placeCityAnnapolis process;

2.  Recalls that these operations are inhuman and are illegal under international law; calls the Israeli authorities to immediately put an end to settlement activities as well as to illegal evictions and house destructions in placeEast Jerusalem;

3.  Calls on the Israeli authorities to reconsider the existing judicial and administrative decisions taken in the case of the al-Kurd family and calls for the immediate restitution of its properties to the al-Kurd; calls on the parties historically involved in the housing project in Sheikh Jarrah, and notably the Government of Jordan and UNRWA, to stand up to their responsibilities to protect the Palestinian residents in the area; welcomes the efforts of UNRWA in this regard;

4.  Calls on the Council and the Commission and the other members of the Quartet, to make all the possible efforts aimed at protecting Palestinian residents in the Sheikh Jarrah and other areas of East Jerusalem by exerting pressure on the Israeli authorities to stop illegal evictions and house destructions;

5.  Reiterates its call for an immediate halt to the continuing extension of settlements, in East Jerusalem in particular, and the building of the wall beyond the 1967 borders, which is contrary to international law and is undermining peace efforts;“

Hausräumung mal andersrum

In Hebron ist heute ziemlich viel los. Über 20 000 jüdische Siedler wurden erwartet, um die gerichtlich angeordnete Räumung eines Siedlerhauses zu verhindern. Hebron ist eine der Städte, an denen sich die Tragik des Konflikts sehr deutlich abzeichnet. Die Stadt liegt im Süden der West Bank und beherbergt, wie hier so viele Städte, bedeutende religiöse Stätten.

Das ist vor allem die Höhle der Patriarchen / Erzvätergrab, die nach biblischer Überlieferung als der Ort gilt, an dem Abraham, Sara, Isaak, Rebekka, Jakob und Lea begraben sind. Somit ist die Höhle für den Islam und das Judentum heilig.

Mit ihrer Beanspruchung der religiösen Stellen rechtfertigen die jüdischen Siedler in Hebron, also auf palästinensischem Gebiet, ihr Siedlertum. Es leben ca. 350–400 Siedler und ca. 250 Studenten in der H2-Zone von Hebron. Die Stadt ist in die Zonen H1 und 2 geteilt, in H2 hat israelisches Militär die Kontrolle. Anders als in anderen Städten der West Bank leben die jüdischen Siedler auch im Stadtzentrum. Es kommt immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und muslimischen Bewohnern der Stadt. Nach einem Bericht der beiden israelischen Menschenrechtsorganisationen ACRI (Association for Civil Rights in Israel) und B’Tselem mussten Palästinenser aufgrund der Präsenz israelischer Siedler, Soldaten und Polizisten 1014 Wohnungen räumen und mindestens 1829 Geschäfte und Betriebe im Stadtzentrum aufgeben; mindestens 440 davon wurden auf Befehl der Armee geschlossen. Dies berichtet die israelische Zeitung Ha’aretz hier.

Insgesamt gestaltet sich das Nebeneinanderleben der beiden Konfliktparteien sehr sehr schwierig, wozu zwei Ereignisse von beiden Seiten maßgeblich beitrugen: 1929 löste die Agitation des Großmuftis von Jerusalem einen heftigen arabisch-jüdischen Zusammenstoß in Jerusalem aus, der auf andere Städte übergriff. Am schlimmsten waren die arabischen Übergriffe in Hebron und Safed. Allein in Hebron wurden 67 Juden getötet. Am 25. Februar 1994 tötete dann der extremistische Siedler Baruch Goldstein mit einem Sturmgewehr 29 betende Muslime in der Abraham-Moschee und verletzte Hunderte.

(Internationale) Präsenz

Infolge dieses Vorfalls wurde eine internationale Beobachtertruppe gegründet, die bis heute vor Ort Zwischenfälle dokumentiert und Aufklärungsarbeit betreibt. Vielleicht kann ich Anfang Dezember an einem Briefing dieser Truppe teilnehmen. Hier der Link zur Temporary International Presence in Hebron (TIPH).

Eine Organisation namens „Breaking the Silence“/„Shovrim Shtika“, die aus ehemaligen israelischen Soldaten besteht, die in Hebron dienten, versucht auf die katastrophale Lage der Stadt aufmerksam zu machen – und zieht damit den Hass der Siedler auf sich. 2006 berichtete SpiegelOnline hier sehr interessant über die Organisation. „Yehudas (Gründer der Organisation, Rike) Interesse an Hebron hängt nicht nur mit der Wehrpflicht zusammen, die dort abgeleistet hat, Hebron ist die wohl komplizierteste Stadt im Westjordanland. Heilig für Juden und Muslime – hier liegt das Grab des Erzvaters Abraham. Eigentlich, das heißt demographisch, ist Hebron eine arabische Stadt. Doch anders als in anderen palästinensischen Städten, leben hier jüdische Siedler im Herzen der Stadt. Sie sind streng religiös und begründen ihre Präsenz mit dem Wort Gottes, aus dem klar hervorgehe, dass sie hier zu leben hätten. „Sie fressen sich vorwärts“, sagt Yehuda. „Ein Haus, dann zwei, und schließlich die ganze Straße. Sie schicken ihre Kinder vor, so bohren sie langsam dicke Bretter. Kinder dürfen die Soldaten nicht festnehmen. Damit sie hier sicher leben können, muss die ganze Umgebung durch Soldaten beschützt werden – und den palästinensischen Einwohnern wird das Leben zur Hölle.“

Im Jetzt und Hier

Wie dem auch sei, zurück zum Aktuellen: Das „Haus des Friedens“, das seit einer Woche geräumt werden soll, erhitzt die ohnehin gereizte Stimmung weiter. Es beherbergt 20 Familien, die vom Obersten Gerichtshof die Anordnung erhielten, das Gebäude bis Mittwoch zu verlassen. Statt dem Gerichtsbeschluss zu folgen, zogen zahlreiche Männer randalierend durch die Straßen, beschädigten Armeefahrzeuge und palästinensische Wohnhäuser und muslimische Einrichtungen.
Susanne Knaul berichtet in der taz heute folgendes: „Tatsächlich wird die Atmosphäre von radikalen Siedlerführern und Rabbinern in Hebron noch zusätzlich angeheizt. Soldaten, die den Befehl zur Räumung verweigern, sollen mit umgerechnet 200 Euro belohnt werden. „Wir werden einen entschlossenen Krieg ohne Kompromisse kämpfen und ihn gewinnen“, kündigt der Fanatiker Baruch Marsel an, der schon mehrfach wegen gewalttätiger Übergriffe verurteilt worden war. Der palästinensische Journalist Khalid Amayreh aus Hebron hält eine Wiederholung des Massakers von 1994 heute „für wahrscheinlicher als je zuvor“. Die Siedler zögerten, ihren Zorn gegen die Soldaten zu richten, und greifen stattdessen die Palästinenser an. „Was hat Mohammad mit dieser Sache zu tun?“, fragt Amayreh, fassungslos über die Gleichstellung des muslimischen Propheten mit einem Schwein. „Diese Leute sind gefährlich“, warnt er. Dass die israelische Armee „es nicht mit ein paar Dutzend fanatischer Siedler aufnehmen kann“, will er nicht glauben. Das Problem sei, dass Israels Regierung keinen Sympathieverlust in der Öffentlichkeit riskieren will, sollte es blutige Auseinandersetzungen geben. Im Februar soll es vorgezogene Parlamentswahlen geben.“

Ich hoffe, dass nicht allzuviel passiert und die meisten angereisten Siedler heute abend am Ende des Schabbat wieder nach Hause fahren.

Die Federmann-Farm

Die Siedlergewalt in Hebron scheint immens, und richtet sich seit der Zerstörung der Federman-Farm Ende Oktober auch gegen israelische Sicherheitskräfte – bisher ein Tabu. Die Federman-Farm des gleichnamigen Ultranationalisten war ein Outpost, also ohne jegliche Bebauungspläne, Landerwerb oder Genehmigungen erbaute Behausung von Siedlern, die auch von Siedlern nicht ganz abgeneigten Israelis meist als illegal eingestuft werden.

Auf der Seite der Siedler Hebrons gibt es dazu ein Video, in dem Frau Federman den Vorgang der Räumung beschreibt. Alles gleicht den Berichten von Räumungen palästinensischer Häuser und ihre 9 Kinder haben, wenn man ihren Auführungen glaubt, wirklich Grund, verstört zu sein. Was mich jedoch am meisten verstörte, war ihre Aussage, wie die dreijährige Tochter auf den Vorfall reagierte. Trotz der Beteuerungen der Mutter, dass es wirklich ISRAELISCHE Männer waren, die nachts durch ihr Fenster ins Haus eindrangen, hat die Kleine angeblich immer noch Angst, dass „die Araber“ zurückkommen und sieht den Fall als terroristischen Übergriff von Palästinensern. DREI JAHRE! Wenn es stimmt was sie sagt, wie früh beginnt die ideologische Indoktrination bei Kindern? Ich kenne nur Dreijährige, die langsam artikulieren können, dass sie lieber Playmobil als Lego spielen wollen… Hier das Video:

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