Immer wieder Sonntags….

November 16, 2008 at 12:33 pm (jerusalem, rezensionen) (, , , , , )

…ist nicht soviel los. Schlafen, Sachen aufarbeiten, Waschen. Und ein bisschen Internet-Rundschau betreiben.

Heute ist nach ein paar kühlen und teils verregneten Tagen wieder ein richtig heißer Sommertag, an dem ich auf dem Balkon sitze und mich über Nachrichten wundere, dass der Advent bald beginnen soll. Nebenan auf dem Balkon singen zwei herausgeputzte kleine Jungs um die 5 Jahre ganz niedlich ein Lied, malen dann, und singen wieder – es wirkt wie die Vorbereitung für ein Familienfest oder so. Außerdem hat heute und gestern der Kindermuezzin wieder zum Gebet gerufen. Andreas hat ihn sogar schon mal gesehen. Er ist scheinbar der Sohn des Muezzins und darf ab und zu mal seine Stimme testen. Heute hat er das sogar recht gut hinbekommen. Gestern, als ich gerade zum Laden gegenüber huschte um Wasser zu kaufen, war der Gesang arg schnarrig – aber das fanden alle auf der Straße total niedlich.

Mittlerweile wache ich auch von dem Morgengebet gegen kurz vor 5 nicht mehr auf – trotzdem wurde ich heute morgen einfach so gegen 6 Uhr wach und sah die Sonne über den Bergen Jordaniens aufgehen. Schon schräg -eine halbe Sonne schwebte in der Luft, denn die Berge waren schwer zu erkennen. Von Ramallahs Dachterassen aus sieht man teils das Meer, ich sehe Jordanien. Kleines Land….

Gaza-Blog-Promoting

Abgeriegelt. "Katharina Schult" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc-nd)

Abgeriegelt. "Katharina Schult" / http://www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc-nd)

Mir war bis vor kurzem nicht bewusst, das Gaza wirklich schöne Strände hat. Das ist nicht die erste Assoziation, die man bei einem Krisengebiet hat. Seit ein paar Tagen gibt es dort wieder Kämpfe, UN-Nahrungshilfen kommen schwer durch die Blockade, seit 48 Stunden gibt es keinen Strom, da das Kraftwerk ausgefallen ist – ich habe zwei Blogs gefunden, die ich hiermit ein wenig promoten möchte. Der erste Blog ist von Yumi Terahata, die bei einer Hilfsorganisation in Gaza arbeitet. Von ihrem Fenster aus kann sie eben beschriebene Strände sehen, aber sie darf sie nicht betreten. Auch nicht zum Einkaufen ungeschützt in den Laden gegenüber gehen -am besten außerhalb der Arbeitszeiten nicht die Wohnung verlassen. „So every morning I stand by my window and watch the water glimmering in the distance. Small fishing boats move across the water, leaving behind transient trails, like tiny irons working on a massive wrinkled bedsheet.  I watch those boats and savor the thought of walking the three minutes from the door of my bulding to the shore, feeling the wind in my face and the cold of the water as I let the waves lap over my legs.  I imagine the cool sand squishing between my toes and the itchiness of broken seashells beneath the soles of my feet. And it kills me to know that I can never actually experience any of this. Not anymore. Going to the beach isn’t permitted.  Most things aren’t.“ Das schildert sie in ihrem Blog sehr eindringlich – aber lest selbst.

In dem zweiten Blog mit dem Titel „Raising Yousuf and Noor. Diary of a Palestinian mother“ berichtet eine Journalistin, die zwischen dem Gaza und Washington pendelt, da ihrem Mann, einem palästinensischen Flüchtling, das Recht auf Rückkehr verweigert wird, über ihren Alltag. „The personal becomes political“ – unter diesem Motto schildert sie ihre Erlebnisse in Gaza, das Aufwachsen ihrer Kinder und die Reaktion auf sie in den USA. Sehr spannend!

Und wo wir gerade beim lustigen Hin- und Her-Promoten sind. Ich hab einen Blog von Miriam Woelke gefunden, in der sie ihre Besuche bei unterschiedlichen chassidischen Gruppen, also othodoxen Juden, schildert. Da diese in Deutschland eher selten im öffentlichen Raum anzutreffen sind, finde ich ihre Schilderungen wirklich spannend. Womit sich überhaupt die Frage stellt: Was weiß ich eigentlich über das Judentum? Hinter der ganzen Holocaust-Aufklärung in der Schule und dem obligatorischen abstrakten Abhandeln des Judentums unter dem Halbjahresthema „Weltreligionen“ in der Schule weiß ich doch so eigentlich gar nichts.

Zwischendrin mal wieder eine Busgeschichte

Nicht mein Bild, ist auf Malta "Martin Baumgart" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc)

Ähnliches Bild, ist aber auf Malta. "Martin Baumgart" / http://www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc)

Vorgestern auf dem Weg zurück von der Arbeit musste ich wieder nichts zahlen – ich glaube, der Fahrer war mit seinen Gedanken ganz woanders. Ich stieg im Feierabendverkehr ein, es war ein furchtbarer Stau – und irgendwie vergaß der Fahrer wohl wegen seiner auf den Verkehr gelenkten Aufmerksamkeit, mein Geld in Empfang zu nehmen. Brav blieb ich noch ca. 3 Minuten bei ihm stehen, in denen wir uns kaum vorwärts bewegten. Rummmms. Da hatte es einen Kratzer an einem ausscherenden Wagen gegeben. Große Diskussion im Bus, da bot mir dann jemand seinen Platz an, und siehe da, wieder Geld gespart.

Und weiter gehts mit Lesetipps

Auf der „Jugend-Seite“ (oder wie auch immer sie sich bezeichnen mag) der ZEIT, dem Zuender, gab es einen neuen Artikel von Nico, dem Lebensqualitaeter. In Anlehnung an die Entscheidung der EU-Komission, den Krümmungswinkel von Gurken und Co. nicht mehr zu normen, präsentiert er satirisch 13 Vorschläge, wie man die EU noch besser machen kann. Mein Favorit ist Vorschlag 9:

„Putsch gegen die EU-Kommission!
Dass wir uns unserer Herrscher entledigen und einen gemeinsamen Startpunkt unserer Geschichte finden, ist wichtig. Stichwort Gründungsmythos. Am besten sollten wir an einem Datum putschen, das noch nicht anderweitig besetzt ist – und, ganz wichtig: im Sommer. Das macht es uns später leichter, wenn wir jedes Jahr den europäischen Independence Day feiern. Mit Feuerwerk und Picknick im Park. Und alle tragen azurblaue T-Shirts mit gelben Sternchen. Putschen geht natürlich nicht ohne ein Thema, das allen wichtig ist. Zum Beispiel die Wahl des Trainers der europäischen Fußballmannschaft, der von der EU-Kommission ausgesucht wird – gegen den Willen der europäischen Völker. Das ist auch ein europäischeres Thema als Rumjammern über hohe Tee-Steuern, oder so. Ursprünglich!“

Alle anderen Vorschläge gibts hier.

Aus den Weiten des Internets zurück auf den Balkon

Also ich weiss ja nicht. Vor ein paar Wochen sah ich im ZDF einen Beitrag, in dem Necla Kelek sich wie so oft über eine schleichende Islamisierung der Türkei beschwerte, die soweit ginge, dass bei einem Konzert, dem sie lauschte, eine Unterbrechung erfolgte, als der Gebetsruf und das Gebet von den Minaretten der Stadt schallten. Das sei ein Kniefall vor dem Islam. Ich war ja nicht dabei, aber auch ich unterbreche hier ständig meinen Film, meine Musik oder mein Hörbuch, wenn Gebetszeit ist. Nicht aus Ehrfurcht, sondern weil ich mich bei der lauten Tonkulisse sowieso nicht aufs Wesentliche konzentrieren kann. So kann man das aus Sicht der Veranstalter viell. auch sehen….

Die Jungs nebenan haben mittlerweile ein Spiel erfunden, bei dem sie immer abwechelnd „Hallo“ zu mir rufen und sich dann hinter ihrem Pali-Tuch verstecken. Niedlich. Ich spiel dann mal mit, bis dann.

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